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en attente

Künstler*in(nen)
Darren Almond, Sarah Jones, Sharon Lockhart, Rashid Masharawi, Roman Ondák, Hans Op de Beeck, Roman Opalka, Nicolas Pinier, Santiago Sierra
Kurator*in(nen)
Hélène Guenin, Christine Walentiny

en attente befasst sich mit unserer Beziehung zur Zeit, mit der Wahrnehmung die wir davon haben, durch das Prisma und die spezifische Erfahrung des Wartens hindurch. Geleitet vom Künstlerblick wird der Besucher mit unter-schiedlichen Überlegungsansätzen konfrontiert: vom banalsten und alltäglichen Ausdruck des Wartens bis hin zu seiner existenziellen Dimension. Die vorgestellten Werke laden uns ein, unsere Aufmerksamkeit jenen Augenblicken des Übergangs zu widmen, die wir oft als Quelle von Stress oder Ärgernis empfinden.Warten ist in erster Linie die Vorstellung ungenutzter Zeit, ein Synonym für Kontraproduktivität, etwas Subversionsähnliches in unseren Konsumgesellschaften, die dem Credo von „time is money" unterliegen und wobei Zeit, diese abstrakte und immaterielle Entität, auf die objektive Dimension des Geldes beschränkt wird! Nicolas Piniers Zone d'attente gratuite (Z.A.G.), die drei Tage lang in der Nähe des Casino Luxembourg eingerichtet ist, stellt eine lobenswerte Reaktion auf diese herrschenden Rentabilitäts- und Rationalisierungsbemühungen dar; mit Poesie und Spott fordert sie uns auf, unsere Beziehung zur Zeit zu überdenken. Angesichts dieses „Lobes des (Er-)Wartens", das in den speziell für diese Ausstellung geschriebenen Texten von Claire Noesen zur Lebenskunst erhoben wurde, verweisen die Werke von Sarah Jones, Sharon Lockhart und Hans Op de Beeck durch Wartesituationen auf die Banalität, die Langeweile, die Entfremdung des Menschen von seiner Umwelt und von einem System. Die dargestellten Menschen warten ganz passiv auf das was geschehen wird, was die Änderung bringen wird, ohne Ungeduld und Nervosität: die Revolte des Erwachsenenalters oder die Anpassung der englischen Teenager an einen gewissen Konformismus (Sarah Jones), das Ende des Wachdienstes der Museumsaufseherinnen in Tokyo (Sharon Lockhart), die Ankunft der ersten Kunden bei den Kassiererinnen (Hans Op de Beeck). 

Zu diesen individuellen Visionen kommen Fragestellungen über die kollektive Dimension des Wartens hinzu. Zwischen schwarzem Humor, tragischer Lächerlichkeit oder offensichtlicher Leichtigkeit erforschen Roman Ondák und Rashid Masharawi dessen politische, historische oder soziologische Tragweite. Im Video von Rashid Masharawi wird es zum Katalysator, indem die Schwierigkeiten des Alltags sich konzentrieren und offenbaren: die Palästinenser erleben das Warten wie eine Fatalität, wie eine Metapher ihrer Lage. Roman Ondák hingegen befasst sich mit einer der kollektiven Praktiken des Wartens: seine Performance Good Feelings in Good Times (2003) (die anlässlich der Vernissage erneut belebt wird) besteht darin, künstliche Warteschlangen zu schaffen, wobei unsere individuellen und kulturellen Darstellungen einer gleichen Realität, eines gleichen Phänomens, je nach dem Umfeld des Auftretens in Frage gestellt werden.Unabhängig von seiner Tragweite oder seinen Ausmaßen, von der Tatsache ob es persönlicher oder kollektiver Natur ist, mit beruflichen Pflichten verbunden, mit der Unbestimmtheit einer Lebensphase oder einem bestimmten politischen Kontext einhergeht: das Warten ist nicht neutral. Je nachdem ob es mit Wehmut, Gleichgültigkeit, Angst, Ungeduld oder Hoffnung behaftet ist, verändert es unsere Wahrnehmung und unser Bewusstsein der Zeit. Von der individuellen und körperlichen Erfahrung der Zeit, die Santiago Sierra jenen Besuchern anbietet, die sich freiwillig der Erfahrung des Eingeschlossenseins unterwerfen, bis hin zur Allgegenwart des verstärkten Tickens, mit dem Darren Almond die Minuten betont, die sich im Ausstellungsraum aneinander reihen, über den ebenso bewundernswerten wie nutzlosen Versuch Roman Opalkas, seinen Aufenthalt durch die Ausarbeitung eines Programms zu beschreiben und greifbar zu machen: die Künstler unterstreichen die menschliche und die persönliche Dimension, die dem unausweichlichen und universellen Ziel der Zeit zugrunde liegt.Ausgehend vom Warten, durch harmlose oder existenzielle Fragestellungen, durch individuelle oder kollektive Perspektiven zeigen alle uns jene Beziehung auf, die wir mit der Zeit und mit dem Leben unterhalten.  

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